Paprika Bags - Die Philosophie von guten Produkten

Die Kraft steckt in der Paprika! Das farbenfrohe Gemüse ist Inspiration und Namensgeber für das Leipziger Taschenlabel Paprika Bags: Roland, Produktdesigner und Radfahrer, fertigt individuelle Fahrradtaschen aus recyceltem Material. Seine Leidenschaften für Nachhaltigkeit und das Fahrradfahren treiben ihn an, eine einzigartige Auswahl an Taschen zu gestalten, die nicht nur funktional, sondern auch stilvoll sind. Entdeckt seine Vision von nachhaltigem, regionalem und individuellem Design sowie den Gedanken, gute Produkte zu fördern.

Zoë im Gespräch mit Roland

“Die Philosophie von guten Produkten” – wir treffen uns in der Kolonnadenstraße im Café Tunichtgut mit Roland, der uns die wunderbaren, selbstgenähten Fahrradtaschen und Hipbags seines Labels Paprika Bags zeigt.

Hey Roland, stell dich doch bitte kurz vor. Wer steckt hinter der Marke Paprika Bags?

Ich bin Roland und fertige seit ungefähr einem Jahr Taschen – und wohne auch seit einem Jahr in Leipzig. Ich mache das Ganze freiberuflich und habe vorher Produktdesign in Weimar studiert. Für meine erste längere Fahrradreise habe ich mir selbst Taschen für mein Fahrrad genäht. Wie das dann so ist, habe ich für Freund*innen auf Anfrage auch welche hergestellt. So kam es ins Rollen, dass auch andere Leute Interesse hatten. Ich bin noch ziemlich am Anfang damit, aber es macht mir sehr viel Spaß. Es ist ein cooles Handwerk und eine gute Mischung aus dem, was ich studiert habe und den Wertvorstellungen, die ich im Studium entwickelt habe: Nachhaltigkeit, soziales Bewusstsein, wenn man Dinge gestaltet und produziert, verbunden mit dem handwerklichen Aspekt, den ich auch sehr gerne habe. Ich glaube, dass ich da noch viel lernen muss und kann, aber das ist auf jeden Fall etwas, was ich noch länger machen möchte.

Die obligatorische Frage: Wie bist du zum Fahrradfahren gekommen?

Als Kind und Jugendlicher habe ich schon oft so kleine Ausflüge mit dem Mountainbike unternommen, dann wurde es eine sportliche Freizeitaktivität, bis ich irgendwann nicht mehr gefahren bin. Im Studium bin ich wieder zum Rad gekommen, weil ich das Fahrrad als Fortbewegungsmittel zum Pendeln genutzt habe. In so einer kleinen Stadt ist alles auch zu Fuß gut erreichbar, aber da war es dann sehr einfach, kleine Touren außerhalb zu drehen und es ist wieder mehr ein Ausgleichshobby geworden, um einfach mal den Kopf frei zu kriegen und sich dabei draußen zu bewegen. Ich habe dann auch schnell Freund*innen gefunden, die diese Freude mit mir geteilt haben. Ich habe sogar vier Jahre lang in einer Selbsthilfewerkstatt der Uni gearbeitet – ich hatte sehr viel Spaß am Schrauben, Helfen und Vermitteln gefunden. Jetzt ist es weniger der sportliche Ausgleich, sondern viel mehr das Reisen mit dem Rad geworden. Der Fokus hat sich verändert. 

Wie kam es dann zu Paprika Bags?

Ich war ziemlich unzufrieden mit den Taschen, die ich damals gekauft hatte. Sie waren zu groß, zu klein, haben nicht ideal in den Rahmen gepasst. Da habe ich angefangen, mich mit einer ganz normalen Nähmaschine einfach mal auszuprobieren. So kam es dann, dass ich mehr und mehr Rahmentaschen und Packsäcke für z. B. Isomatten und Schlafsäcke genäht habe, damit diese wetterfest eine Reise überstehen können. Ich finde es immer noch faszinierend, dass man aus so einem Stück Stoff, das man zuschneidet und vernäht, am Ende eine Tasche fertigt, die man benutzen kann. Ich fand, dass meine Designs eine sehr tolle Ergänzung sind, wenn man etwas schneller unterwegs sein und nicht unbedingt die unförmigen Gepäckträgertaschen dabeihaben möchte. Je nachdem, was man für Bedürfnisse hat, kann man sich das Ganze individualisieren, was auch ein großer Aspekt ist, der mir Spaß macht: Fahrräder können nicht nur durch Komponenten individualisiert werden, sondern auch durch Accessoires.

Das heißt, interessierte Kund*innen können zu dir kommen und sagen, was sie haben möchten?

Genau, ich führe überwiegend Custom-Aufträge aus. Diese bespreche ich mit den Kund*innen: Alle Extrawünsche werden berücksichtigt. Man kann sich auch die Farben aussuchen und so weiter. 

Du hast eben schon Nachhaltigkeit als einen deiner Werte genannt. Was für Materialien verarbeitest du?

Ich arbeite gerne mit einem Material namens ECOPAK – recycelter Kunststoff. Das ist ein Hightech-Stoff, der relativ teuer, aber nachhaltig und vor allem sehr langlebig ist. Ich würde gerne mehr recycelte Materialien verwenden, allerdings ist der Anspruch hinsichtlich der Haltbarkeit an diese Taschen sehr hoch, weshalb man es manchmal nicht umgehen kann, dass eine Tasche überwiegend aus Kunststoff hergestellt ist. Das ist mir schon bewusst und die Textilindustrie verändert sich auch dadurch, dass neue Stoffe, die nachhaltiger sind, erfunden oder leichter zugänglich werden. Dieses Prinzip würde ich gerne anwenden. Ich glaube, was in Bezug auf Nachhaltigkeit auch eine große Rolle spielt, ist, alles zusammenzudenken: Sprich, wenn ich jetzt eine Tasche in meinem Atelier in Leipzig herstelle, dann gibt es kaum Transportwege – abgesehen von dem Weg, auf dem der Stoff zu mir kommt, und jenem, über den ich am Ende das fertige Produkt verschicke. Aber in der industriellen Fertigung wird alles im Ausland hergestellt, vielleicht woanders verpackt und dann hierher verschifft. Ich glaube, dieser Gedanke ist neben der Materialität auch sehr wichtig. Da gibt es aber natürlich auch große Unterschiede, zum Beispiel dahingehend, wie umweltverträglich die Beschichtung ist und welche Mittel in der Herstellung eingesetzt werden.

Warum eigentlich Paprika?

Das ist ein bisschen daraus entstanden, dass ich mit einem Kumpel einen Running Gag hatte, dass ich Paprika so gerne habe und er sich immer darüber lustig gemacht hat. Als es dann zur Namensfindung ging, bin ich irgendwie daran hängen geblieben. Eine tiefere Bedeutung hat es nicht.

Du machst das Ganze freiberuflich, wo soll die Reise mal hingehen und was wünschst du dir?

Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass ich das erstmal so beibehalte, weil ich mich schon auch für viele andere Dinge interessiere. Aber es ist etwas, was in meinem Gestalter-Dasein viel Raum einnimmt. Ich probiere das jetzt so aus, das ist auch das erste Mal für mich. Seit letztem Jahr bin ich Leiter der Selbsthilfewerkstatt in der Villa – beides zusammen funktioniert sehr gut. Ich freue mich auch, wenn es mehr Aufträge geben sollte und ich mehr Kapazitäten für die Taschen freiräumen kann. Zurzeit ist das Pensum aber sehr gut. So was wie einen eigenen Laden kann ich mir gut vorstellen, aber ich glaube, dafür muss dann auch die Entscheidung getroffen werden, diesen Job in Vollzeit auszuüben. Dann braucht es zum Beispiel ein paar Modelle, die man immer auf Vorrat näht. Aktuell machen mir die Custom-Aufträge aufgrund der Abwechslung am meisten Spaß. Aber ich kann mir das gut vorstellen, da irgendwann hinzukommen. Dafür brauche ich aber auch die Sicherheit, dass die Auftragslage stimmt, und ich möchte auch einfach, dass sich dieser Schritt dann gut anfühlt. 

Gibt es ein Produkt oder einen bestimmten Bereich, den du noch entwickeln willst? 

Ja! Ich habe festgestellt, dass die Custom-Aufträge schon auch oft ähnlich sind, weil sie eben für den Fahrradrahmen gemacht werden. Zudem habe ich schon einige Hipbags genäht. Jetzt gerade taste ich mich ein bisschen an Rucksäcke ran, das ist dann aufgrund der Ergonomie ein bisschen komplexer. Denn ich glaube, dass es sehr wichtig ist, zu beachten, dass Taschen, wenn sie am Körper getragen werden, auch gut an den Körper angepasst werden sollten. Ich glaube, da gibt es viele interessante Dinge, die ich noch lernen und entwickeln möchte. Der Bikepacking-Trend und der allgemeine Lifestyle rund ums Fahrrad im Alltag verändern sich und es geht nicht mehr nur darum, dass man eine möglichst leichte Tasche hat, sondern auch, dass sie einen gewissen Stil hat und die Farben zum Rahmen passen. Ich sehe das Fahrrad als Gesamtkonzept. Das ist eine große Veränderung mit viel Potenzial. Ich habe große Lust, Sachen zu entwickeln. Gerne auch mit anderen Leuten zusammen, die eigene Ideen mitbringen oder was Spezielles haben wollen. Ich mag es, mit den Wünschen und Bedürfnissen zu arbeiten und die Leute mit in den Gestaltungsprozess einzubeziehen. 

Es wäre so schön, wenn alle Dinge so hergestellt werden würden. 

Ich glaube, das ist etwas, was ich auch aus dem Studium sehr mitgenommen habe: Die Philosophie von guten Produkten. Einfach darauf zu achten, was wir konsumieren, mit welchen Produkten wir uns umgeben. Und ob so etwas Alltägliches wie eine Tasche nicht auch genau unseren Bedürfnissen entsprechen kann. Ich glaube, dass ich auch aus einem Idealismus heraus gute Produkte promoten möchte: nachhaltig hergestellt, regional, handwerklich gefertigt. Generell ist es mir wichtig, zu zeigen, dass Gestaltung nicht nur Luxus bedeutet, sondern dass Gestaltung zusammen mit anderen Aspekten passieren kann, wenn man sich eine individualisierte Tasche bestellt, die natürlich nicht günstig ist. Aber wenn man sich den Lohn von Menschen anschaut, die industriell gefertigte Taschen nähen, dann weiß man natürlich auch, warum etwas so günstig angeboten werden kann und vor allem, dass es Ausbeutung und soziale Ungerechtigkeit bedeutet. Also am Ende ist es auch etwas Politisches. Sich für so eines meiner Produkte zu entscheiden, bedeutet eben auch eine Tasche weniger, die unter diesen schlechten Bedingungen hergestellt wird. 

Gibt es, bezogen auf das Fahrrad, etwas, was du dir von Leipzig für die Zukunft wünschst?

Auch das Radfahren an sich ist etwas Politisches, weil Leipzig nach wie vor sehr dominiert wird von den Autos, obwohl es natürlich in letzter Zeit Verbesserungen gab. Aber ich glaube trotzdem, dass es voll wichtig ist, sich dafür einzusetzen, dass es sich so weiterentwickelt und nicht einfach bei einem halbwegs tolerierbaren Zustand stehen bleibt. Es gibt noch sehr viel Potenzial für Verbesserungen und ich würde mir wünschen, dass es mehr Fahrradspuren und so etwas wie Fahrradstraßen gibt. Es gibt diesen Begriff der “Mobility Justice”, der Gerechtigkeit, mobil zu sein, und ich glaube, dass das Fahrrad das Tool ist für alle, die nicht bewegungseingeschränkt sind, um sich in einer großen Stadt frei bewegen zu können. Es ist halt voll wichtig, eine Infrastruktur dafür zu gewährleisten. Was die Klimagerechtigkeit angeht, ist es ja sowieso klar, dass Radfahren super ist, aber die Leute sollten sich natürlich auch wohlfühlen beim Radfahren. Ich wünsche mir, dass stadtplanerisch mehr mitgedacht wird und vor allem auch die finanziellen Mittel dafür bewilligt werden. Am Ende sind es politische Entscheidungen, von denen ich mir erhoffe, dass sie getätigt werden. 

Vielen Dank. 



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