Hackenpedder - Bikepacking im Norden

Hackenpedder ist eine Bikepacking-Route quer durch Schleswig-Holstein, die durch die abwechslungsreiche Natur zwischen den Meeren führt. Es geht von der Steilküste über Schotterpisten durch Wälder, Moore und frisch asphaltierte Schleichwege bis hin zum Deich. Genießt den Norden! Der Hackenpedder richtet sich an alle, die das Bikepacking oder Ultra-Cycling im Sinne einer Selbstversorger-Veranstaltung kennenlernen möchten. Die Route ist anspruchsvoll, das Konzept hingegen einsteigerfreundlich. Es geht um Spaß mit Gleichgesinnten, lange Tage im Sattel, Nächte im Freien und darum, so seinen Grenzen näherzukommen. Die Route ist inspiriert von den Naturhighlights und Trekkingplätzen der Stiftung Naturschutz Schleswig-Holstein. Zwei Optionen werden 2024 angeboten. Das Herzstück ist die lange Route (1000 Kilometer), um aber ein wenig einsteigerfreundlicher zu sein, gibt es auch den Shortcut (660 Kilometer). Dabei sind die ersten 500 Kilometer der Route bei beiden Optionen identisch. Auf geht's!

Lorenz im Gespräch mit Nils Thomsen-Habermann

Overnighter am Großsteingrab

Hey Nils, was macht das Fahrrad für dich aus, dass es so einen großen Stellenwert in deinem Leben hat?

Die größte Motivation für mich ist es, vom Schreibtisch wegzukommen und irgendwas draußen zu machen und damit weniger auf mein Handy zu schauen. Dafür ist Fahrradfahren super geeignet, weil ich gern lange in der Natur unterwegs bin. Ich sitze auch ungern im Auto, um irgendwo hinzufahren, sondern bin gerne sportlich unterwegs. Ich liebe diese Verbindung zwischen sich auspowern und gleichzeitig Ruhe in der Natur finden. Das ist der Grund dafür, warum ich gerne viel mit dem Fahrrad fahre. Richtig aktiv betreibe ich das Radfahren aber erst seit zwei Jahren. Ich denke, das hat damit zu tun, dass die Familie gewachsen und ein Ausgleich immer wichtiger geworden ist. Meine erste Radtour habe ich mit meinem Vater unternommen. Wir sind zwei Tage von Kiel nach Flensburg gefahren, aber das ist alles sehr lang her. Selber bin ich dann mit Anfang 20 von Tromsø in Norwegen nach Kiel gefahren – eine Strecke geflogen und eine mit dem Rad gefahren. Auf dem Fahrrad hat man viel Zeit zum Nachdenken, deshalb waren das für mich immer Momente, um die vorangegangenen Erlebnisse zu verarbeiten. Man pedaliert, fährt, guckt in der Weltgeschichte umher, träumt und denkt nach. Dann bin ich mehr als zehn Jahre nicht wirklich viel gefahren – bis jetzt. Jetzt sitze ich wieder im Sattel. 

Wir sitzen hier, um über dein Projekt Hackenpedder zu sprechen – kommt das Wort von Pedalieren?

“Pedder” ist Plattdeutsch. Ich hab lange überlegt, wie ich das Ding nennen soll, hatte viele englische Begriffe im Kopf und bin dann aber letztendlich bei Plattdeutsch hängen geblieben, weil es einfach sehr gut passt: Die Route führt durch Schleswig-Holstein, umso passender ist die alte Landessprache. Ich habe dann ein plattdeutsches Wörterbuch gefunden, in dem es mehrere Begriffe für das Wort “Fahrrad” gab – Hackenpedder war das, was mir am besten gefallen hat. Das Witzige ist, wenn man Hackenpedder gegoogelt hat, bevor es meine Website gab, gab es einen Link zu einem Buch und einen Link zum NDR, ansonsten nichts. Es bedeutet grob übersetzt Fahrradfahren oder Fahrradfahrer*in. Drahtesel ist zum Beispiel auch Plattdeutsch, aber das war mir dann irgendwie zu platt.

Jetzt haben wir die Genese des Namens erkundet, doch was steckt eigentlich dahinter? 

Hinter dem Hackenpedder steckt die Idee von einer besonderen Erkundungstour. 2022 bin ich selber sehr viel mit dem Rad unterwegs gewesen, sodass ich übers Wochenende mal eben 500 Kilometer gefahren bin und mich auf Entdeckungstouren begeben habe. So bin ich dann zum Beispiel auch einmal rund um Tschechien gefahren. Ich hatte dabei die Idee, dass eine Erkundungstour gut von zuhause aus fahrbar sein sollte, ohne dass man erst weit irgendwo hinreisen muss. Nur brauchte es dafür eine passende Route, die in Schleswig-Holstein funktioniert – das wollte ich in Angriff nehmen. Ich wollte eine Route basteln, die die abwechslungsreiche Natur hier im Norden zeigt, und sie gleichzeitig mit dem Konzept der Stiftung Naturschutz Wildes Schleswig-Holstein verknüpfen, die entsprechende kostenfreie Schlafplätze für Overnighter verzeichnet haben. Mein Vorhaben war es, eine Route zu basteln, die möglichst nah an der Natur ist, deshalb ist sie auch sehr gravel-lastig. Auf dieser Tour sollten die Teilnehmer*innen möglichst das beste Natur- und Fahrraderlebnis direkt vor der Haustür entdecken. Ich wollte auch, dass man durch die historischen bzw. markanten Städte und Orte fährt. Die Abwechslung ist wirklich schön und die Verpflegung sehr gut. Und ich habe extra viele Seen und Gewässer eingeplant, sodass man durchaus gut baden und sich erfrischen kann. Also Badehose nicht vergessen!

Welche Streckenhighlights erwarten die Teilnehmer*innen?

Aktuell haben wir in Schleswig-Holstein 36 Biwaks zum Übernachten – an 20 führt die Route direkt entlang. Es gibt aber zum Beispiel auch einige Naturhighlights zu entdecken wie ein großes Moor, ein besonderes Waldgebiet oder die Steilküste. Also alles, was Schleswig-Holstein zu bieten hat, ist mit dabei. Aktuell ist die Tour 1055 Kilometer lang. Mein Wunsch ist es, dass es mindestens 1000 Kilometer werden, einfach, weil der psychologische Effekt und der Anreiz von 1000 geschafften Kilometern in der Natur viel größer sind als bei 989 Kilometer. 

Du hast die Routen anhand der Übernachtungsplätze konzipiert – wie lang sind die Etappen?

So war mein ursprüngliches Konzept, dass ich die Route von Platz zu Platz lege. Die Route ist frei einsehbar im Internet, das heißt jede*r kann sie jederzeit fahren. Dazu gibt es dann das Event im Sommer, bei dem aktuell circa 50 Leute gemeinsam fahren werden. Jede*r fährt das eigene Tempo und man trifft sich zwischendurch wieder – aber wenn man sich bei diesem gemeinsamen Start an die Route halten würde, dann wären die Schlafplätze komplett überlastet. Somit habe ich die Routen nach Orten aufgeteilt, an denen Bahnhöfe sind, mit jeweils 100 bis 200 Kilometer Abstand. Im Norden von Schleswig-Holstein gibt es auch mehr Schlafplätze als im Süden, gerade an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern sind es ganz wenige. Da wäre das Konzept dann nicht aufgegangen. Die Idee ist also, dass man von überall her mit dem Zug anfahren kann. Es gibt auch noch eine Shortcut-Variante, die circa halb so lang ist, einfach um die Hürde für Menschen, die sich sowas noch nicht zutrauen, ein bisschen zu nehmen. 

Wie legst du die Strecken fest und wann startet der Hackenpedder das nächste Mal?

Ich plane die Touren (1.055 Kilometer Route / 575 Kilometer Shortcut) mit der komoot-App, so bekomme ich den besten Überblick über Wald-, Asphalt- und Schotterpisten. Mittlerweile gibt es den Trailview, also freigegebene Fotos von der Strecke von anderen Nutzer*innen, wo man dann besonders schöne Orte schon vorher anschauen kann. So wissen alle, worauf sie sich einlassen. Ich baue auch manchmal kleine Hügel oder kleine Aussichtspunkte ein, sodass man Highlights direkt am Weg hat. Am 22. Juli 2023 startet das Event wieder. Wir fahren gemeinsam gegen 10 Uhr in Kiel los. Über eine Whatsapp-Gruppe organisieren wir uns und tauschen uns per Fotos über Checkpoints aus, die angefahren werden müssen. Dadurch entsteht ein kleines Gemeinschaftsgefühl. So kommt es dann, dass manche Leute das Ding in drei Tagen fahren und andere in acht oder zehn. Für die Zukunft wünsche ich mir aber, dass sich die Tour wie andere Gravel-Events als Klassiker etablieren kann. Aber auch darüber hinaus finde ich den Austausch sehr schön, denn ich bekomme sehr viele Zuschriften von Menschen, die zum Beispiel bestimmte Teilstücke der Tour gerade gefahren sind und berichten, dass Waldstücke gesperrt sind etc. Das finde ich irgendwie schön, jede*r, wie er oder sie kann und wie er oder sie mag. Letzten Endes haben wir Schleswig-Holstein für den sportlichen Fahrradtourismus schmackhafter gemacht. 

Vielen Dank, Nils.




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