Alles im grünen Bereich bei GP JOULE

Die Vision "100 Prozent erneuerbare Energien für alle” treibt das nordfriesische Unternehmen an. Die beiden Gründer der GP JOULE GmbH, Ove Petersen und Heinrich Gärtner, haben sich schon früh dem Klimaschutz und der Energiewende verschrieben. Die beiden Agraringenieure gründeten 2009 die GP JOULE GmbH in Reußenköge und Buttenwiesen. Ihr Antrieb ist es, nachhaltige, zuverlässige Energielösungen mit erlebbaren Nutzen zu schaffen – dabei haben sie immer das gesamte Energiesystem im Blick. Für eine sichere, unabhängige und nachhaltige Energieversorgung. Wir wollen mehr über den integrierten Energieversorger wissen und treffen Petra Scherweit, Bereichsleiterin Personalentwicklung und Recruiting bei GP JOULE GmbH, um mit ihr über die Wurzeln und die Vision von GP JOULE zu sprechen.

Lorenz im Gespräch mit Petra Scherweit

Wir besuchen den modernen Firmenstandort in Reußenköge.

Hallo Petra, gib uns doch gern einen Einblick in deine Arbeit und dazu, was dich bewogen hat, bei GP JOULE durchzustarten? 

Herzlich willkommen bei uns! Ich bin Petra, noch 41 Jahre alt und wohne in Husum, bin aber gebürtige Bayerin. Ich bin also tatsächlich im tiefsten Süden aufgewachsen, habe Betriebswirtschaft studiert und dann angefangen, mich mit erneuerbaren Energien auseinanderzusetzen, denn ich wollte ganz dringend im Bereich der Windenergie arbeiten. Ich hatte dann die Möglichkeit, für meinen Arbeitgeber nach Dänemark zu gehen. Das Arbeiten in diesem Bereich bringt unglaublich viel Leidenschaft und Stolz mit sich oder auch Vision und Purpose, wie man heute so schön sagt. Das merkt man auch an den Kolleg*innen. Ich merke das ganz besonders, weil ich hier bei GP JOULE für das Thema Personalentwicklung und Recruiting zuständig bin. Zusammen mit meinem Team kümmere ich mich aus dem Koog heraus um die Personalentwicklung. Ich bin jetzt seit einem Jahr dabei, davor habe ich einen kurzen Ausflug in die konventionelle Energieerzeugung gemacht, habe dort aber relativ flott gemerkt, dass mir dafür die Leidenschaft fehlt und hatte dann die Möglichkeit, wieder in die Branche zu kommen. Bis jetzt habe ich es keinen Tag bereut.

Wir müssen kurz zwischenfragen: Du wohnst in Husum und fährst die Strecke zur Arbeit mit dem Rad?

Genau, das sind ca. 12 Kilometer. Manchmal gelingt es mir, manchmal nicht, weil wir hier tatsächlich eine extreme Belastung durch den Wind haben. Also je nach Wetterlage ist es nicht immer möglich, mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Ich bin zwar eine passionierte Gravel-Bike-Fahrerin, aber das macht zum Arbeitsbeginn mit zu viel Gegenwind dann doch nicht so viel Spaß. Deshalb wechsle ich auch zwischen Gravel und E-Bike. Manchmal fahre ich dann natürlich auch Auto. Gerade für E-Bikes oder auch E-Autos haben wir eine ausreichende Ladeinfrastruktur auf dem Gelände.

Wie viele Kolleg*innen fahren mit dem Fahrrad?

An täglichen Fahrradfahrer*innen haben wir eine überschaubare Anzahl, das hat aber auch damit zu tun, dass sehr viel mobil gearbeitet wird, und eben auch damit, dass wir auf dem Land sind, also die Strecken, die zurückgelegt werden müssen, teilweise sehr groß sind. Ich würde schätzen, dass vielleicht zwei Hände voll täglich mit dem Rad fahren, die kommen dann hier aus der näheren Umgebung.

Wenn wir uns draußen umschauen, sehen wir, dass ihr euch mitten im Koog, zwischen den Deichen befindet – weiter nördlich in Nordfriesland kann man fast nicht sein. Ein Unternehmen in der Art und Weise, wie es hier aufgebaut wurde, das würde man an diesem Ort nicht erwarten. Wie kam es dazu, warum wurde genau dieser Standort gewählt? 

Letzten Endes liegt das daran, dass einer unserer beiden Firmengründer hierherkommt. Wir sitzen auch jetzt gerade im Elternhaus von Ove Petersen, er kommt aus der Landwirtschaft und ist auch studierter Agraringenieur, genauso wie der zweite Firmengründer Heinrich Gärtner. Heinrich Gärtner hat allerdings seinen Familiensitz im Süden, in Bayern. Deshalb sind wir ein zweigeteiltes Unternehmen, mit dem wir eigentlich auch perfekt den Bedarf abarbeiten können, denn an beiden Hauptstandorten wird gleichzeitig auch noch Landwirtschaft betrieben. Zwar losgekoppelt von GP JOULE, als eigenständige Unternehmen, aber immer noch direkt auf dem Firmengelände. Mittlerweile wurden beide Unternehmen auf eine ökologische Landwirtschaft umgestellt. Ich fokussiere mich aber mal auf den Koog, weil wir ja auch gerade hier sind: Ursprünglich war das hier eine Ferkelzucht, Ove Petersen kommt sozusagen aus der Schweinehaltung. Mittlerweile ist es jetzt eine Getreideproduktion, die vor allem Hafer anbaut. Wir vertreiben diese Produkte auch selbst in unserem kleinen Hofladen. Dazu haben wir noch Bio-Legehennen. Die Landwirtschaft liegt uns am Herzen und es ist uns auch super wichtig, immer wieder auf unsere Herkunft zu achten. Uns ist das Gefühl wichtig, dass das, was uns von der Natur gegeben wird, gut behandelt wird und zu erhalten ist. Das ist ja die ureigene Intention von den meisten Landwirten, das darf man nicht vergessen, dass die Natur bestehen bleiben sollte, weil sie eben die Lebensgrundlage ist, nicht nur für sie, sondern für uns alle. Das war auch die Grundlage von Ove und Heinrich. Irgendwann kam die Frage, wie man das Land noch besser nutzen kann. Sie haben sich dann entschieden, sich erstmal auf Photovoltaikanlagen und auf die Nutzung von großen Freiflächen zu fokussieren. Vor 14 Jahren wurde GP JOULE gegründet. Mit diesem Schritt haben sie sich dann entschieden die Landwirtschaft in andere Betreiber*innenhände zu geben, um sich selbst mehr auf die Energiewirtschaft und Energiewende fokussieren zu können.

Wenn wir auf diese 14 Jahre zurückblicken, dann ist einiges passiert: Es gibt zahlreiche Standorte in ganz Europa – ihr habt euch der Energiewende mit Herzblut verschrieben. Was ist eure Vision?

Unsere Gründer sind sehr umtriebig und schauen immer danach, was am meisten Sinn ergibt, um unsere Vision zu erreichen. Unsere Vision ist 100 Prozent erneuerbare Energien für alle. Das erreichen wir nicht, indem wir ein paar Windräder irgendwo hinstellen, sondern wir müssen groß und integrativ denken. Sowas muss sich aber ja erst entwickeln. Ein Beispiel: Wir sehen hier im Koog sehr viele Windräder, die aber immer mal wieder abgeschaltet werden müssen, weil die Netzinfrastruktur nicht passt und der Strom nicht abtransportiert werden kann. Das frustriert uns. Aus diesem Impuls heraus entstand der Gedanke, dass wir andere Wege finden müssen, um den Strom vor Ort zu nutzen, umzuwandeln, zu speichern und zu verteilen. Wir wollen Probleme nicht einfach akzeptieren, sondern etwas tun. Das ist unsere Motivation. Wir schauen unsere Vision an und schauen gleichzeitig nach Stolpersteinen, und wie wir sie aus dem Weg räumen können. So hat sich Stück für Stück das Thema 100 Prozent erneuerbare Energien entwickelt, so wie wir es jetzt haben. Das heißt: Bei der Energieerzeugung, PV- und Windkraft, über die Verteilung und Speicherung in Form von Wasserstoff oder in Form von Wärme bis hin zur Nutzung in Form von Mobilität. Wir nennen das den integrierten Energieversorger, zu dem wir uns entwickeln. Wir wollen, dass die Menschen einen erlebbaren Nutzen spüren, wenn das Windrad bei ihnen in der Nähe steht. Sie sollen die Vorteile sehen und nutzen können, indem sie beispielsweise mit nachhaltiger, preisstabiler Wärme aus erneuerbarer Energie versorgt werden. Oder wenn ihre Kinder – wie bei unserem Projekt eFarm – mit dem Wasserstoff-Bus CO2-frei zur Schule gefahren werden. Und wir wollen die Verbraucher*innen auch selbst zu Handelnden machen: Wir haben beispielsweise die YOULE-App entwickelt, wo über eine Art Forecast gesehen werden kann, wie viel grüner Strom in den kommenden 24 Stunden im Netz ist. Das heißt, die Kund*innen können sehen, wann sie ihr Auto oder ihr Fahrrad laden können und sollten, um wirklich grünen Strom zu verbrauchen. Kurz: Alle können ihren Verbrauch an die schwankende Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen anpassen. Das beugt Abschaltungen vor und hilft so dem Klima. Eine Energiewende geht nicht durch die Politik allein, sondern die Menschen müssen mitgehen, transparent mitbekommen, was passiert und das wollen. Ich denke, da befinden wir uns gerade in einer Bewegung. 

Wenn wir uns diese Vermarktungsebene anschauen: Seid ihr regional oder überregional oder sogar national aufgestellt und wo wollt ihr in Zukunft damit hin?

Der Hauptmarkt für uns ist in Deutschland. Wir sind aber auch in anderen Ländern vertreten, zum Beispiel in Italien, Irland und Frankreich und mit einer Dependance in Nordamerika.

Ihr setzt auf neue Technologien und die Zukunft. Welchen aktiven Anteil habt ihr als GP JOULE an Forschung und Entwicklung?

Wir haben einen Technologiebereich, das liegt aber eher daran, dass wir schauen, welche Technologien wir noch nicht verwenden, welche förderlich für unser Vorhaben sein werden. Wir haben keine eigene Research and Development-Abteilung, wie man sie aus produzierenden Unternehmen kennt, wir sind nämlich keine Anlagenhersteller*innen. Heißt: Wir produzieren die Photovoltaikanlagen, Windturbinen etc. nicht selbst. Wir produzieren auch keine Wärmepumpen, sondern kaufen all diese Komponenten zu. Natürlich müssen wir aber schauen, welche Technologien es zum Beispiel für die Speicherung gibt oder neu entwickelt werden, und ob diese vielleicht zu unserer Vision passen. So sind wir zum Beispiel in diversen Verbänden vertreten, um uns immer auf dem neuesten Stand zu halten. Wir beschäftigen uns auch umfassend mit dem Thema Wasserstoff. Sodass wir unseren grünen Wasserstoff gut platzieren und damit die Mobilitätswende mitgestalten können. Wir wollen den Schwerlastverkehr emissionsfrei gestalten. Das unterstützen wir mit grünem Wasserstoff, mit Wasserstofftankstellen, mit der Produktion des Gases aus Wind- und Solarstrom, aber auch mit der passenden Ladeinfrastruktur für E-Lkws, E-Busse oder E-Autos.

Vor Ort in Nordfriesland sind schon sehr viele Ladesäulen installiert. Wie seid ihr insgesamt im Land aufgestellt? Wie findet der Endverbraucher GP JOULE in Deutschland?

Zum Beispiel über unsere Ladekarte, mit der an Hunderttausenden Ladepunkten in Deutschland geladen werden kann – nicht nur an unseren. Die kann man über eine App ansteuern, Zahlungsdaten hinterlegen und dann alle diese Ladepunkte nutzen. Das sind sowohl Schnelllader als auch konventionelle Stationen. Wir bauen Ladesäulen selbst, aber kooperieren auch mit anderen Firmen, um ein bestmögliches Lade-Erlebnis für die Kund*innen zu gewährleisten. Als ganzheitlicher Partner realisieren wir innovative E-Mobilitätsprojekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette und für alle Fahrzeugtypen – vom elektrischen Pkw bis zum E-Bus oder E-Truck. So verbinden wir die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien mit der Nutzung in der klimafreundlichen E-Mobilität. 

Habt ihr neben 100 Prozent erneuerbare Energien für alle noch weitere Ziele?

Das ist natürlich schon ein sehr großes Ziel. Darüber hinaus haben wir den Fokus auf dem deutschen und europäischen Markt, aber wir wollen auch, dass zum Beispiel Länder, die nicht das eigene Potential haben, unterstützen. So fördern wir zum Beispiel einige Projekte in Entwicklungsländern. Ich glaube, es ist tatsächlich eine realistische Vision, die aber eben noch eine Weile dauern wird. Wir haben unglaublich viele juristische und politische Hürden vor uns, mit denen wir uns ständig auseinandersetzen müssen. Gerade in der Politik dauert es manchmal länger, bis diese kleinen Fallstricke entfernt werden. In einer immer dezentraler werdenden Energiewelt müssen sich Dinge eben ändern und dem Lauf der Zeit angepasst werden. Ein ganz profanes Beispiel: Wir haben eine Anlage in Bosbüll, eine Gemeinde im Kreis Nordfriesland, bei der der Elektrolyseur, der den Wasserstoff erzeugt, direkt von einer Windkraftanlage versorgt wird, die unmittelbar daneben steht. Direkter, nachhaltiger und netzschonender geht das also gar nicht. Allerdings gilt der Wasserstoff aus dieser Anlage womöglich bald nicht mehr als grüner Wasserstoff, zumindest nicht im Sinne der EU-Definition, weil die alte Anlagen teilweise ausschließt. Da gibt es also noch viel zu tun. Viele kleine Stellschrauben, an denen noch gedreht werden muss. 

Das bedeutet, ihr seid an einem Punkt, an dem ihr sagt, dass es definitiv möglich ist, diese Vision umzusetzen, die Infrastruktur ist so weit vorhanden, jetzt muss bloß der Wille da sein, damit es auch flächendeckend genutzt werden kann. Wie fühlt es sich an, mit so einem großen Purpose und visionären Geschäftsführern zu arbeiten?

Ich glaube, man meistert die Herausforderungen, die vor einem liegen, deutlich besser sowie lieber und mit mehr Motivation, wenn man eine Vision vor Augen hat. Wir sind ein sehr schnell wachsendes Unternehmen, wir bekommen pro Monat ca. 30 neue Kolleg*innen hinzu, die bei uns starten. Mittlerweile sind wir bei ca. 750 Kolleg*innen deutschland- und europaweit. Wir wachsen jeden Tag. So eine Dynamik bringt natürlich einiges an Herausforderungen mit sich. Gerade im Onboarding müssen wir Kolleg*innen besser betreuen, damit wir motivierte Menschen nicht auf der Strecke verlieren, weil es zu chaotisch abläuft. Das ist auf jeden Fall eine Herausforderung für die interne Organisation und die Führungskräfte. Ich glaube, wir sind da auf einem guten Weg. 

Fachkräftemangel ist gerade in der Arbeitswelt ein großes Thema. Wie stellt sich das bei euch dar?

Wir können uns nicht darüber beschweren, dass wir nicht genügend Bewerbungen bekommen. Wir bekommen auch wirklich gute Bewerbungen und müssen uns als Firma aber auch die Frage stellen, wie offen wir für Quereinsteiger*innen sind. Eben durch unsere Vision sprechen wir sehr viele Leute an, die in die Branche wechseln wollen. Für die der Quereinstieg bedeutet, dass sie selbst an der Energiewende mitarbeiten wollen. Das heißt, unsere Herausforderungen sind dabei, dass wir die Menschen, die noch nicht so technisch versiert sind, fit bekommen. Wir sehen wirklich das Potential im Quereinstieg, ohne den wir nur ansatzweise die Stellen besetzen können. Die Branche, in der wir unterwegs sind, ist noch recht jung, weshalb es gerade im Bereich Wasserstoff wenig Menschen mit Erfahrung gibt. Das macht mir als Personalerin auch Spaß, weil man eben weniger auf die fachlichen Fähigkeiten schaut, sondern sich den Menschen in seiner Gesamtheit hernimmt, nach der Intention befragt und schaut, ob unsere Vision mitgetragen wird. Was man dazu sagen muss, ist, dass das Thema “Mobile Work/ Remote Work” natürlich sehr dabei hilft, Menschen von überall aus Deutschland heranzuziehen. Wir haben um die elf Standorte in ganz Deutschland, was sich aber auch stetig erweitert.

Vielen Dank.




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„Das Blech muss von der Straße verschwinden”

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